268

Die "medizinische" Seite der Planung. Oder: Eine gute Diagnose ist die halbe Therapie

Wer sich aus Gründen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes in einer Klinik schon einmal intensiv „durchchecken“ ließ, der weiß, dass so etwas ein paar Tage länger dauert als ein einfaches Blutbild. Die Auswertung von Laborwerten und Krankengeschichte(n) ist nur der Anfang einer oft langwierigen Anamnese, Befundung und Diagnose – wie das die Ärzte so ausdrücken. Wir Logistikberater und Fabrikplaner betrachten das genauso.

Die Analyse als ungeliebte Projektphase

In der Projektarbeit bei LogistikPlan geht es meist um die Gestaltung von Produktions- und Logistiksystemen. Häufig haben wir es dabei mit betrieblichen Veränderungen zu tun, mit Analysen, Planungen und Entscheidungen. Was dabei den Erfolg unserer Arbeit anbelangt, ist es unerheblich, ob es:

  • um die Erweiterung einer Fabrik geht,
  • um eine neue Produktionsanlage,
  • um den Umbau eines Hochregallagers oder
  • um die Optimierung bestimmter Logistikprozesse.

Denn das Ergebnis eines Projektes hängt nicht nur davon ab, welches Fachwissen, Branchen- bzw. Technologieverständnis wir über das jeweilige Aufgabengebiet besitzen, sondern auch, wie gut wir die anstehenden Entscheidungen gegenüber unserem Auftraggeber begründen können. Dazu sind fundierte Planungen auf Basis transparenter Daten unerlässlich.

Unsere Kunden definieren schwierige Vorhaben gern als Projekt: Am Anfang geben sie der Projektaufgabe einen Namen, zum Beispiel Neuplanung, Umgestaltung oder Optimierung. Mitunter bekommen wir für das Projekt auch einen konkreten (meist viel zu knappen) Zeitrahmen und legen eine Schrittfolge fest, bevor wir beginnen. Aber nur selten erwartet unser Kunde, dass wir das Projekt mit einer ausführlichen Analyse beginnen. Doch genau hier liegt eine wesentliche Stärke von LogistikPlan: in der professionellen Analyse und Diagnose.

Auf die eher ungeliebte, manchmal als „Datenquälerei“ verrufene Analyse-Phase eines Projektes möchte ich in diesem Vortrag einmal etwas näher eingehen. Begleiten Sie mich auf einer gedanklichen Stippvisite in die Welt der Medizin. Denn vieles, was wir in unseren Unternehmen vernachlässigen, würden wir aus Sicht eines Patienten oder Arztes womöglich anders betrachten.

  • Woran erkennt man überhaupt die Gesundheit eines Unternehmens?
  • Zu welchem Fachgebiet gehört eigentlich die Unternehmensdiagnose?
  • Wie lange dauert und wie funktioniert eine Unternehmensdiagnose?
  • Was macht die Qualität einer guten Diagnose aus?
„Fitness-Indikatoren“ für Produktion und Logistik?

Auch wenn eine Analyse mit dem Risiko einhergeht, ungewollte oder gar ungeliebte Informationen ans Tageslicht zu bringen, bietet sie doch eine enorme Chance: die Erkenntnis über eigene Schwachstellen, Verbesserungspotenziale oder Optimierungsansätze. Während die Unternehmens-Diagnose in kaufmännischen Beratungen durchaus üblich ist, wird sie in der Welt der Logistik- und Fabrikplanung viel zu selten eingesetzt. Dabei ist die logistische „Fitness“ bzw. Leistungskraft eines Betriebes durchaus gut messbar. Allerdings kommt es bei der Wahl der Analysemethoden und Indikatoren ganz auf das Interesse und den Blickwinkel des jeweiligen „Patienten“ an. So ist aus Sicht des Kunden nicht nur interessant, wie gut das Preis-Leistungsverhältnis eines Produktes ist, sondern auch, welche logistische Qualität der Hersteller zu bieten hat:

  • 1. möglichst kurze Lieferzeit
  • 2. hohe Liefertreue – auch bei kleinen oder kurzfristigen Aufträgen
  • 3. verbindliche Angabe zum Liefertermin – selbst bei großen oder langfristigen Aufträgen

Die gleichen Effekte sind auch dem Produktionslogistiker gut bekannt; jedoch misst er sie mit anderen Indikatoren:

  • 1. kurze Durchlaufzeit für die Auftragsbearbeitung
  • 2. zuverlässige Steuerung der Produktionsabläufe
  • 3. transparente Planung des Materialbedarfs und der Maschinenbelegung

Werden diese Fitness-Merkmale Indikatoren mit der Brille des Controllers betrachtet, misst er wiederum andere Indikatoren:

  • 1. niedrige Bestände im Lager und in der Produktion
  • 2. kurzfristige Faktura und Bezahlung
  • 3. Einkaufsvorteile bei langfristiger Mate-rialbestellung und Transportauslastung

Fazit Nr. 1: Für ein und dasselbe Fitness-Merkmal kann es ganz unterschiedliche „Symptome“ oder Indikatoren geben.

Fazit Nr. 2: Die meisten Indikatoren könnten vom Unternehmen regelmäßig quantitativ gemessen werden.

Fazit Nr. 3: Um die betriebliche Fitness zu verbessern, müssen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Indikatoren erkannt werden. Die meisten Analyse-Aufgaben in Unternehmen sind daher interdisziplinär, liefern quantifizierbare Daten und erfordern die Abbildung in einem ganzheitlichen Modell.

Zu welchem Fachgebiet gehört die Unternehmensdiagnose?

Die Unternehmens-Diagnose ist keine eigenständige Fachdisziplin, sondern eine Methodik, die je nach Fachgebiet höchst unterschiedlich ausgelegt wird. In der „betriebswirtschaftlichen“ Unternehmens-Diagnose geht es um finanzielle Themen, also um Gewinn und Preisspanne, Bonität und Rentabilität, um personalwirtschaftliche Kennzahlen oder vertriebliche Fragen wie Marktanteil, Absatzpotenzial oder Kundenzufriedenheit. Im Fokus der „ingenieurseitigen“ Unternehmensdiagnose stehen dagegen meist technische Fragen, zum Beispiel Studien zum Energie- und Materialeinsatz oder zur Abfallminimierung, Analysen zur Technologie, Maschinennutzung und Instandhaltung, Untersuchungen zu den Lager- und Materialflussdaten oder zum Nutzungsgrad von Produktions- und Nebenflächen.

Fazit Nr. 4: Ähnlich wie in der Medizin gibt es viele Fachärzte, die jeweils unterschiedlichste Fachbereiche betrachten und Fragestellungen verfolgen.

Fazit Nr. 5: Um ein durchgängiges Bild zu erhalten, sollten mehrere Ärzte konsultiert werden, oder alternativ: Wird eine Analyseaufgabe definiert, sollte sie nicht nur auf den unmittelbaren Bereich der Projektaufgabe, sondern auch auf den Kontext des Unternehmens bezogen sein.

Fazit Nr. 6: Logistikprojekte sind geradezu prädestiniert, um eine Diagnose interdisziplinär durchzuführen: neben „Ärzten“ für Organisation und IT sollten im Logistikprojekt auch produktionstechnische, vertriebs- und materialwirtschaftliche „Fachärzte“ im Projektteam beteiligt sein. Komplizierte Operationen müssen dabei nicht unbedingt von allen Experten gleichzeitig durchgeführt werden, sollten aber einer gemeinsamer Vor- und Nachbereitung unterliegen.

Aufwand und Nutzen – wie lange dauert eine Diagnose?

In vielen Projekten umfasst die Diagnosephase deutlich mehr als ein Viertel des gesamten Projektaufwandes, zum Beispiel vier oder acht Wochen. Jedoch wird der technische und zeitliche Aufwand für die Analyse Erfahrungsgemäß unterschätzt, obwohl jede Planungsaufgabe letztlich zu einer erfolgreichen betrieblichen Veränderung führen soll. Viele Projekte erfordern einen tiefen Eingriff in den lebenden „Organismus“ des Unternehmens – mit all seiner Komplexität und Dynamik. Der Um- und Ausbau von Fabriken bei laufender Produktion gleicht einer Operation „am offenen Herzen“. Ohne fundiertes Vorwissen, zielgerichtetes Vorgehen und effiziente Methoden würden wir einem Chirurgen diese verantwortungsvollen Aufgaben niemals übertragen.

Fazit Nr. 7: Der Auftraggeber sollte akzeptieren, dass der externe Berater eine gewisse Zeit benötigt, um das Unternehmen mit seinen individuellen Prozessen kennenzulernen.

Fazit Nr. 8: Der Auftraggeber sollte wissen, dass auch die Mitwirkung und der Zeitaufwand des eigenen Unternehmens wesentlichen zum Erfolg der Analyse beitragen.

Wie funktioniert eine Unternehmensdiagnose?

Bei den Diagnosemethoden unterscheidet man zwischen Erhebungs- und Analysetechniken: Gängige Methoden sind Benchmarking, SWOT-Analyse, Portfolioanalyse oder ABC-Analyse. LogistikPlan verwendet zur Datenerhebung präzise Instrumente, die genau an die Situation im jeweiligen Unternehmen
angepasst werden. Das Vorgehen bei einer guten Diagnose sollte sich an der klassisch wissenschaftlichen Schrittfolge orientieren:

  • 1. Auftaktworkshop (Abstimmung der Problemstellung, des Datenbedarfs, der Vorgehensweise)
  • 2. Datenerhebung (Sichtung und Sammlung, Erfassung, Aufzeichnung)
  • 3. Datenanalyse (Verifizierung und Validierung, Aufbereitung und Verdichtung)
  • 4. Auswertung (Interpretation und Ableitung von Schlussfolgerungen)
  • 5. Ergebnisworkshop (Ergebnispräsentation und -diskussion, Diagnosefazit, Entscheidung)

Als Prüfverfahren eingesetzt, muss die Diagnose mindestens zu eindeutigen Befunden führen, also zu messbaren Ist- und Soll-Kennzahlen und zu konkreten Schwachstellen. Als Ausgangspunkt eines weiterführenden Beratungsprozesses sollte die Diagnose ergänzend auf Handlungsfelder hinweisen, Optimierungsmaßnahmen ableiten und deren Umsetzbarkeit bewerten.

Fazit Nr. 9: Analysetechniken hängen von der Datenerhebung ab, die Ergebnisse werden deshalb entscheidend durch die Qualität und Quantität der erhobenen Daten vorgegeben.

Fazit Nr. 10: Bevor Ihr Facharzt beziehungsweise Sportmediziner entscheidet, welche gesundheits- und fitnessfördernden Maßnahmen angemessen sind, sollte er Sie über Risiken und Nebenwirkungen informieren. Besser noch: Fragen Sie einfach den LogistikPlaner Ihres Vertrauens...